Auch die Psychologie belegt, dass Kleidung einen Wirkmechanismus erzeugt, der gar nicht leicht auszuschalten ist, da das Unterbewusstsein dabei direkt beeinflusst wird. Ein Beispiel: Auch wenn man einem Richter in Talar oder einem Polizisten in Uniform keinen Respekt zollen will, man tut es trotzdem – unbewusst, da die Wirkung dieser Kleidungsstücke einfach enorm stark ist.
Aber sollten sich Männer und Frauen in der alltäglichen Arbeitswelt, im „Kampf um die Macht“, nicht besser auf wesentlichere Elemente wie Kompetenz konzentrieren, als zu sehr auf ihre Kleidung?
Dass der erste Eindruck nur fünf Sekunden andauert, gilt nicht für die Insignien, die Zeichen der Macht, die jedoch nicht mit Statussymbolen von Möchtegern-Führungskräften verwechselt werden sollten. Ein Polizist wirkt, allein aufgrund seiner Amtsuniform, auch noch nach einer Stunde. Dasselbe gilt auch für Handwerker, welche noch Wert auf ihren Berufsstand und die Tradition legen. Unabhängig von ihrer Kompetenz und ihrem Fachwissen vermittelt eine zünftige Handwerkskleidung im Unterschied zu legeren Jeans mit Shirts einen ganz unterschiedlichen Eindruck.
Es ist ungeschickt, ja fast selbstschädigend von jungen Handwerkern, dass sie glauben, auf diese Kleidung für die Arbeit verzichten zu können. Das ist, als würde der Polizist oder der Richter sagen, er müsse seine Arbeit ja auch im Jogginganzug erledigen können, dabei ist das komplett unsinnig; ein Richter müsste sich im Jogginganzug dreimal so sehr anstrengen, jemanden zu lebenslanger Haft zu verurteilen, als wenn er ein Talar, trägt. Die traditionsreiche Kleidung soll doch nicht nur bei den diversen Trachtenaufmärschen, und bei den Dorf- und Wiesenfesten aus dem Schrank geholt werden! Jedoch verkörpert diese Kleidung für die Arbeit für bestimmte Berufsgruppen wie den Zimmerleuten oder den Bäckergesellen den ganzen Stolz und die Tradition des eigenen Standes.
Kompetenz wird demnach also vorausgesetzt.
Mit der Kleidung allein kann man doch nichts erreichen
Man kann heute leider auch mit der Kleidung allein etwas erreichen; es ist oft erschreckend, wie jemand lediglich mithilfe seiner äußeren Hülle auch Erfolge oder oft sogar größere Erfolge hat als andere (kompetentere) Menschen. Diese Tatsache gilt auch für alle Kategorien von Handwerkern. Allerdings kann angemerkt werden, dass solche Überraschungseffekte meist nicht nachhaltig sind, da mangelnde Kompetenzen irgendwann natürlich sichtbar werden.
Manche Junghandwerker haben einen sehr eigenwilligen Kleidungsstil und können trotzdem Autorität ausstrahlen.
Wie wichtig ist Individualität?
Ob Individualität beim Kleidungsstil funktioniert, hängt stark von der jeweiligen Branche ab, in der ein Handwerker tätig ist, und von ihrem Status in der Branche. Grundsätzlich gilt: je höher die Statusebene, desto weniger Individualität. Auch die Branchenzugehörigkeit und der betreffende Zeitpunkt ist im Hinblick auf die Individualität wesentlich: Ein Handwerker kann sich in einem weniger standesbewussten Umfeld individueller kleiden als bei einer Standesversammlung.
Aber steht der dunkle Trachtenanzug wirklich jedem/er
Oder ist es vielmehr wichtig, dass sich jeder in seiner Kleidung wohlfühlt, dadurch Sicherheit ausstrahlt?
Auch das ist ein geläufiger Irrtum! Denn der Polizist muss die Uniform tragen, egal ob er sich darin wohlfühlt oder nicht, der Chirurg muss den orangen OP-Anzug tragen, ob dieser ihm farblich steht oder nicht. Frauen müssen hier lernen, ihr Wohlfühlen unter ihre Funktion zu stellen. Männer lernen das von ihrem ersten Kommunionsanzug an; Frauen haben dagegen immer diesen starken individualistischen Anspruch.